Zwischen 2009–2018 erhielt ich nebenwirkungsfrei Sebivo/Telbivudin zur Behandlung meiner chron. Hepatitis B. Blutwerte wurden in diesem Zeitraum alle 3 Monate überprüft und waren unauffällig: normale Leberwerte, Viruslast unter der Nachweisgrenze. Aufgrund eines Kinderwunsches wurde ich kürzlich auf ein besser bekanntes Medikament umgestellt, das den Wirkstoff Tenofovirdisoproxil enthält und die längste Zeit unter dem Markennamen Viread vertrieben wurde. Da es mit diesem Medikament mehr Studien mit schwangeren Frauen gibt, wird empfohlen, darauf umzusteigen, da die Wahrscheinlichkeit, dass das Medikament negative Auswirkungen auf die fötale Entwickling hat, geringer ist. Seit kurzem gibt es Generika, und ich bekomme eines davon, das ich leider nicht besonders gut vertrage. Mehr dazu demnächst.

Es gibt nicht die geringsten Neuigkeiten. Seit August 2010 ist das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar dank meiner Sebivo/Telbivudin-Therapie. Die Leberwerte sind im Normbereich. Ich gehe alle 3 Monate zur Kontrolle. Die Entwicklung ist hier einsehbar: Aktuelle Leber- und DNA-Werte. Ich kann keine Nebenwirkungen feststellen.
Meine einzige Sorge: Was, wenn ich mal Kinder möchte? Kein Thema, mit dem ich mich jetzt beschäftigen möchte, und doch muss ich, irgendwie. Die Informationen hierzu sind rar und wenig erfreulich, aber vergleichsweise positiv.
Letztens kam ein Überblicksartikel (auf Englisch) zu diesem Thema heraus, der recht gut über die aktuellen Meinungen zum Thema Infektion plus Schwangerschaft, Geburt/Kaiserschnitt, Stillen informierte. Für alle Interessierten ist er über diesen Link zugänglich: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3442205/

5 Herbst- und Wintermonate habe ich 2010 in Stockholm, Schweden, verbracht, da der Aufenthalt für eine deutlich längere Dauer geplant war, erhielt ich nach meiner Ankunft eine Personennummer, die für ein hindernisfreies Leben in Schweden unabdinglich ist. Sie zu bekommen war aufwändig und schwierig genug, wenn man sie aber mal hat, stehen einem alle amtlichen und nicht-amtlichen Wege in stark vereinfachter Form offen. Die Personennummer ist der Schlüssel zu allem, mit ihr lebt man hindernisfreier. Die Personennummer ist unter anderem auch eine Sozialversicherungsnummer und jeder mit einer solchen hat Zugang zum schwedischen Gesundheitssystem, ob Ausländer (wie ich) oder nicht. Meine – sehr geringen – Erfahrungen damit sind durchwegs positiv.

Um mich hinsichtlich einer Behandlung meiner chronischen Hepatitis B zu erkundigen, die bereits in Österreich begonnen hatte und nahtlos weitergeführt werden sollte, musste ich mich zunächst, wie alle mit gesundheitlichen Problemen bei einem Erstbesuch, an eine sogenannte Vårdcentral wenden, die für Erstversorgung sowie kleinere Wehwehchen zuständig ist, aber eben auch die Überweisungen an Spezial-Ambulanzen oder Kliniken durchführt. In der Vårdcentral wurde ich von einem – wie ich vermute – praktischen Arzt zunächst über meine Krankengeschichte befragt, schließlich wurde kompetent und zufriedenstellend in einem eigens dafür eingerichteten Raum und dazugehörigem Personal Blut abgenommen. Dann, so sagte man mir, würde ich einen Termin zugeteilt bekommen im Karolinska Sjukhuset – Infektionsmottagning B3, Solna, ich drängte darauf, dass er bald sein sollte, da mir die Tabletten ausgingen. Der Arzt versicherte mir, er würde sich um einen baldigen Termin bemühen und per Post würde ich diesbezüglich verständigt werden.

Ich wartete eine Woche, zwei, doch nichts kam, schließlich erhielt ich Post vom Karolinska Sjukhuset über die Begleichung einer Rechnung (etwa 20 Euro), da ich nicht zu einem vereinbarten Termin erschienen war. Ich rief an und erklärte, dass ich nie Post hinsichtlich eines Termins bekommen hatte, erhielt einen neuen Termin und tauchte an jenem Tag zur angegebenen Adresse auf. Die Infektionsabteilung wirkte neu, hell und modern, bei einer mit zwei Damen an Schaltern besetzten Rezeption (erst Wartenummer ziehen) wurde ich schnell drangenommen, konnte mein Problem mit dem Termin erklären und wurde von den Gebühren befreit. Nur wenig Patienten warteten und ich kam einige Minuten später zu einem Arzt, der sich meine Geschichte anhörte und die Blutwerte, die von der Vårdcentral  übermittelt wurden, ansah. Sämtliche Leberwerte, Antikörper, HBV-DNA-Titer wurden bereits bestimmt. Er stellte verwundert fest, dass ich mit Sebivo behandelt werde, einem veralteten Medikament, wie er sagte, aber billig. In Schweden herrschten andere Standards, Viread oder Baraclude würde häufiger verschrieben und wäre auch in den Apotheken auf Lager, aber es sei auch kein Problem, mir Sebivo zu verschreiben, ich müsste nur ein wenig länger warten. Er fragte, wie viele Tabletten ich noch hätte und bemühte sich, herauszufinden, ob irgendwer auf der Station meine Medikamente lagernd hatte (nein). Er trug alles in den Computer ein und wies mich an, in die nächste Apotheke zu gehen, die ich auch gleich in der Nähe Krankenhaus aufsuchte. Ich musste (nach Ziehen einer Wartenummer) meine Personennummer angeben und sofort war der Apotheke klar, was meine Beschwerden seien und was ich bekommen würde. Sie bestellten drei Packungen Sebivo (die einen Tag später eintrafen) und gaben mir einen Zettel mit, mittels dessen ich das Prozedere 3 Male wiederholen hätte können, somit hatte ich für ein Jahr Tabletten verschrieben bekommen, ohne immer wieder den Arzt aufsuchen zu müssen, was ich als sehr komfortabel empfinde.

Zusammenfassend würde ich den zweiten Doktor als sehr kompetent einstufen, die Art, wie er mir Dinge erklärte und sie argumentierte, wirkte nachvollziehbar und logisch, erstmals seit langem hatte ich das Gefühl, mit jemandem über meine Erkrankung zu reden, der deutlich mehr weiß als ich. Dem schwedischen System der Offenlegung sämtlicher privater Daten für Zugangsberichtigte durch die Existenz einer Personennummer kann man zwiespältig gegenüber stehen, als praktisch erweist es sich für den Nicht-Datenschutz-Besorgten allemal. Abschließend kann ich konkludieren, dass meine chronische Hepatitis-B-Erkrankung im Sozialstaat Schweden auf keinerlei Probleme gestoßen ist, ich wurde und wäre behandelt worden wie jeder schwedische Bürger, hatte also vollen Zugang zum schwedischen Gesundheitssystem, das ohnehin als relativ effizient und gut bekannt ist.

Gleich nach meiner Rückkehr aus dem 5-monatigen Auslandsaufenthalt ging ich zur Untersuchung ins Spital, um meine Werte wieder überprüfen zu lassen.

Ergebnisse:

Hepatitis B-PCRquant < 20 U/ml

HBV s-Antigen positiv

HBV s-Antikörper  negativ

HBV c-Antigen positiv

HBV c-Antikörper positiv

HBV c-Antikörper IgM negativ

HBV e-Antigen positiv

HBV e-Antikörper negativ

ASAT (GOT) 33 U/ml (0-31 U/l)

ALAT (GPT) 33 U/ml (0-34 U/l)

Gamma-GT 43 (0-42 U/l)

Zusammengefasst: die Blutwerte (rote, weiße Blutkörperchen, Blutplättchen) sind, wie schon beim letzten Mal vermutet, endlich wieder in Ordnung. Während der 48-wöchigen Interferon-alpha-Therapie im Jahr 2007 sind sie ordentlich zurückgegangen und haben sich nur sehr langsam erholt. Ich werde in Hinkunft diese Werte nicht mehr dokumentieren. Für einen letzten Überblick über den Verlauf siehe unten. Der jeweils erste Punkt aller bunten Kurven repräsentiert Blutwerte vor Beginn der Therapie, der rasante Abfall in der Kurve den Beginn der Interferon-Therapie. Am 26. Juli 2008 spritzte ich das letzte Mal 135 µg Interferon, also in etwa da, wo die Kurven wieder aufwärts gehen.

Verlauf der Blutwerte, Stand 28.09.2010

Die Leberwerte sind beide an der Grenze im bzw. am Normalbereich. Weiters wurde eine Serologie gemacht, d.h. das Vorhandensein von Antikörpern überprüft. Jeder Patient mit einer chronischen Hepatitis B wünscht sich HBV s-Antikörper, denn das würde bedeuten, dass er geheilt ist. Mein Wert ist negativ und auch alle anderen Antigene und Antikörper sind unverändert geblieben.

Das einzig eindeutig positive an den Werten ist der Virustiter (Hepatitis B-PCRquant): denn er ist unter 20, d.h. im nicht nachweisbaren Bereich. Ich habe also derzeit im Blut keine nachweisbaren Viren dank Sebivo (Telbivudin). Das ist eine gute Nachricht, da dies gleichzeitig bedeutet, dass die Infektiösität stark gesunken ist (im Vergleich zu einem Virustiter von 11 Millionen IU/ml, vor Therapiebeginn).

Die österreichische Vertrauensärztin hat als einzige geantwortet: wenn ich ein Gehalt bekomme und Steuern zahle, werde ich wie jeder andere schwedische Staatsbürger behandelt. Mehr war von ihr selbst mit Nachfragen nicht herauszubekommen. Einen Monat später bin ich immer noch genau so ungewiss über die Vorgangsweise wie zuvor. Alle angeschriebenen Personengruppen von Gesundheitsbeauftragten bis Studentenvertretern haben meine Anfrage ignoriert. Noch habe ich Tabletten, noch gibt es keinen Grund zur Sorge.

Ich gehe nach Schweden. An den Gedanken muss man sich erst gewöhnen.

Aber noch vor dem Gewöhnen kommt das Beschäftigen mit gewissen Institutionen vor Ort. Aufgrund der chronischen Hepatitis B kann ich nicht einfach meine Siebensachen packen und einreisen, sondern muss ich zuallererst erkundigen, wie meine medizinische Behandlung in Schweden weitergehen wird. Doch wen fragt man?

Zuerst habe ich mich in meiner Arbeitsstelle nach einem Beauftragten für die Gesundheit erkundigt. Diese Person konnte mir jedoch lediglich sehr oberflächliche Informationen über den Versicherungsstatus von Studenten übermitteln. Durch sie weiß ich: als Student in in Schweden mit „resident“ Status habe ich Anspruch auf Leistungen wie jeder schwedische Staatsbürger. Außerdem erfuhr ich, dass die schwedische Sozialversicherung „försäkringskassan“ heißt, die ich als nächstes kontaktierte. Eine Antwort per Email erfolgte in dem auf der Website verlautbarten Zeitraum, leider war sie wenig aufschlussreich: als Student hätte ich nur dann Anspruch auf Leistungen, wenn ich  mindestens ein Jahr bleibe und eine Personennummer beantrage. Das wusste ich bereits. Da dies wie eine Sackgasse wirkte, beschloss ich, Internisten in Stockholm auszumachen, die ich direkt anschreiben und um Rat fragen konnte. Außerdem kontaktierte ich eine österreichische Vertrauensärztin der Botschaft, in der Hoffnung, dass sie zumindest weiß, an wen ich mich mit meinen Fragen wenden kann. Die Fragen sind eigentlich ganz einfach: 1) Wie muss ich vorgehen, um eine Fortsetzung der Behandlung zu erwirken? 2) Zu welchem Anteil übernimmt die schwedische Sozialversicherung anfallende Kosten (Medikamente, PCR-Test auf DNA)? Noch warte ich auf Antworten.

Es hat schon etwas Lästiges, wenn man aufgrund einer chronischen Erkrankung sein Leben nicht frei und spontan planen kann, sondern sich stets nach den Gegebenheiten oder Erfordernissen dieser richten muss. Dies ist nichts, was den täglichen Umgang mit sich selbst und der Welt stört, sondern etwas, das nur dann zu Tage tritt, wenn man größere Umwälzungen in seinem Leben plant, sowie ich es gerade tue.

Dass ich als Patient mit chronischer Hepatitis B nicht nach Australien gehen kann, obwohl ich es mir für meine Ausbildung wünsch(t)e, habe ich bereits akzeptiert. Das dortige Krankenversicherungssystem sieht keinen Bedarf an chronisch Erkrankten vor, selbst die Visumsbeantragung stellt jemandem, der dem Staat nur Geld kostet, deutlich Hindernisse in den Weg (mehr auf Nachfrage). Meine Akzeptanz dieses Faktums ist gleichzeitig ein Zugeständnis an die Tatsache, dass ich eine Bürde, eine Last für jeden darstelle, der bereit ist, mich aufzunehmen. Ich habe mich nach dem enttäuschenden Diskurs mit australischen Behörden und deren Vertretern entschlossen, in Europa zu bleiben, mit dem Wissen, dass das Krankenversicherungssystem hierzulande sozialer, fairer, mehr auf Ausgleich bemüht ist als in der restlichen Welt. Es stimmt auch.

Ich habe mich für Schweden entschieden, die skandinavischen Länder sind für ein besonders soziales und gut ausgebautes Gesundheitssystem bekannt. Und obwohl ich froh sein sollte, dass es noch solche Staaten gibt, in denen jene, denen es gut geht, solche unterstützen, denen es weniger gut geht, befällt mich gleichzeitig schlechtes Gewissen, dass ich jemandem, dem ich mich als attraktive Investition anbiete, immer auch noch einen unerwünschten, blinden Passagier an Bord mitbringe: meinen kleinen Hepatitis-B-Virus. In anderen Worten: dass ich den schwedischen Steuerzahlern nicht nur eine mehr oder weniger ausgebildete Arbeitskraft ins Land bringe, sondern auch ein dickes Minus im Hinblick auf die Kosten für Medikamente und Untersuchungen, die ich benötige. Ich kann mich nicht einem Arbeitsmarkt anbieten ohne unter dem Mantel versteckt eine Bürde mitzuschmuggeln. Eigentlich kann ich guten Gewissens nur in Österreich bleiben, leben und arbeiten, wo meine Eltern jahrelang als jene, denen es gut geht, in die staatliche Krankenversicherung eingezahlt haben, um solche zu unterstützen, denen es weniger gut geht – nur hier ist es fair, wenn ich von Steuerzahlern erwarte, mir meine Behandlung zu finanzieren. Oder?

4 Dosen Lariam habe ich bisher zu mir genommen; die Nebenwirkungen von Lariam gleichen jenen von meiner letzten Einnahme: lebhaftere Träume nachts, frühes Aufwachen morgens, ansonsten ist mir nichts aufgefallen. Wechselwirkungen mit Sebivo kann ich erst nach der nächsten Blutabnahme beschreiben, falls sie auftreten sollten. Nächster Termin: 17. August, relativ bald nach meiner Rückkehr nach Europa.

Mein derzeitiger, mehrmonatiger Auslandsaufenthalt erfordert aufgrund allgemeiner ärztlicher Risikoeinschätzung eine Malariaprophylaxe. Ich werde daher für 8 Wochen Lariam (Mefloquine) zu mir nehmen (1 Woche vor und 4 Wochen nach dem Aufenthalt im Risikogebiet). Lariam hat aufgrund möglicher, schwerer Nebenwirkungen einen sehr umstrittenen Ruf, in der Gemeinschaft der Reisenden ebenso wie unter den verschreibenden Ärzten. Die Diskussion, ob man Lariam nehmen sollte oder nicht, möchte ich hier nicht führen; das soll jeder für sich entscheiden (bzw. ausprobieren). Ich selbst habe in der Vergangenheit bereits einmal für einen ähnlichen Zeitraum Lariam ohne schwerwiegende Nebenwirkungen genommen und sehe daher keinen Grund, dies nicht wieder zu tun.

Der große Unterschied ist jedoch, dass ich beim letzten Mal kein anderes verschreibungspflichtiges Medikament zur gleichen Zeit eingenommen habe. Diesmal schon – Sebivo (Telbivudin). Meine Hepatologin hat versucht, sich über mögliche Wechselwirkungen zwischen den beiden Medikamenten zu informieren, konnte aber nichts darüber finden, auch eine Nachfrage bei den Pharmafirmen offenbarte lediglich, dass keine Wechselwirkungen bisher bekannt sind. So empfahl die Ärztin mir nur, die Medikamente nicht zur gleichen Tageszeit einzunehmen. So sei es – heute abend wird die erste Dosis genommen, von Neben- oder Wechselwirkungen will ich hier berichten.

Bei der Blutuntersuchung im März dieses Jahres (3.3.2010) wurde festgestellt, dass die vormals deutlich erhöhten Leberwerte wieder abgesunken sind; nicht auf normale Referenzbereiche, aber dennoch deutlich niedriger (SGOT bzw. ALAT  35 U/l, SGPT bzw. ASAT 48 U/l). Die Werte für Blutkörperchen habe ich hier nicht vorliegen, aber mir wurde mitgeteilt, dass sie sich im normalen Bereich bewegen.